Ratgeber Arbeitsrecht

Dreiecksverhältnis Leiharbeit

Schlechte Bezahlung, stete Unsicherheit, Arbeitnehmer zweiter Klasse – die Vorurteile bei Arbeitnehmern gegenüber der Leiharbeit sind zahlreich. Befürworter wie Personaldienstleister sehen in der Leiharbeit eine Chance für Arbeitslose zu langfristiger Beschäftigung. Unternehmen schätzen die Leiharbeit als Instrument zur Flexibilität für Auftragsspitzen oder saisonale Schwankungen. Jedoch birgt die Leiharbeit, auch bekannt auch als Zeitarbeit oder Arbeitnehmerüberlassung, viel rechtliches Problempotential.

Leiharbeit bedeutet arbeitsrechtlich immer ein vertragliches Dreiecksverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer, der Leiharbeitsfirma und dem ausleihenden Unternehmen. Der Leiharbeitnehmer verrichtet seine Arbeit schließlich nicht bei der verleihenden Leiharbeitsfirma, sondern bei dem entleihenden Unternehmen. In diesem Dreiecksverhältnis ist der Leiharbeitnehmer trotzdem nicht schutzlos, da er gegenüber der Leiharbeitsfirma alle Ansprüche eines normalen Arbeitnehmers inklusive des allgemeinen Kündigungsschutzes hat.

Das die Leiharbeit regelnde Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) besagt, dass Leiharbeiter für die Dauer der Überlassung nicht nur hinsichtlich des Lohns, sondern auch aller anderen wesentlichen Arbeitsbedingungen den Arbeitnehmern des entleihenden Unternehmens gleichgestellt werden müssen. Die Leiharbeiter haben sogar einen Auskunftsanspruch darauf, ob sie tatsächlich zu den gleichen Arbeitsbedingungen wie die Stammbelegschaft beschäftigt werden. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ wird jedoch über unterschiedliche Tarifverträge bei Leiharbeitsfirmen oft wieder ausgehebelt. So liegt das Lohnniveau von Leiharbeitnehmern meist unter dem von Stammarbeitnehmern. Auch bei den übrigen Arbeitsbedingungen bestehen zumeist Unterschiede – in der Regel zuungunsten der Leiharbeitnehmerschaft. Das Bundesarbeitsministerium überlegt deshalb, per Gesetz die Löhne der Leiharbeitnehmer nach 9 Monaten Beschäftigung denen von Stammbelegschaften anzupassen.

Neben den Arbeits- und Tarifverträgen stellen nach dem AÜG die sogenannten Überlassungsverträge zwischen den verleihenden Leiharbeitsunternehmen und den entleihenden Unternehmen die wichtigste rechtliche Grundlage der Leiharbeit dar. Sie bedürfen der Schriftform und müssen die Art eines Arbeitseinsatzes spezifizieren sowie einen Nachweis der durch die Agentur für Arbeit erteilten Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung enthalten.

Beschäftigen entleihende Unternehmen ohne Prüfung des Nachweises Leiharbeitnehmer und kann dieser später nicht erbracht werden, entsteht per Gesetz ein direktes Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher. Außerdem drohen Konsequenzen, wenn Leiharbeitnehmer dauerhaft überlassen werden. Der Begriff der Dauerhaftigkeit ist jedoch noch umstritten und Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Das Bundesarbeitsministerium möchte die Höchstüberlassungsdauer deshalb gesetzlich auf 18 Monate beschränken. Entschieden ist dies jedoch noch nicht.

Das neue AÜG, das seit dem 1.4.2017 in Kraft ist, hat für die Dauer der Leiharbeit jetzt eine Obergrenze eingeführt. Der einzelne Leiharbeitnehmer darf grundsätzlich maximal 18 Monate auf demselben Arbeitsplatz bei einem Entleiher arbeiten (§ 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG). Tarifverträge oder auch Betriebsvereinbarungen können allerdings eine längere Überlassung für den einzelnen Leiharbeitnehmer vorsehen. Die Dauer kann sogar mehrere Jahre betragen, also deutlich über der vom Gesetz von vorgesehenen Maximalgrenze von 18 Monaten. Ebenfalls gesetzlich verankert ist mit dem neuen AÜG nun auch der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Nach 9 Monaten sollen Leiharbeitnehmer das gleiche Entgelt erhalten wie Stammarbeitnehmer. Ein Verstoß hiergegen hat die Unwirksamkeit der jeweiligen Vereinbarung zur Folge.

Veröffentlicht in der Berliner Zeitung

Von: Tobias Werner

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