Ratgeber Arbeitsrecht

Kein Tröpfchen in Ehren

Der Genuss von Alkohol kann den Job kosten. Unter welchen Voraussetzungen Mitarbeitern gekündigt werden kann.

Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Diesem Motto folgen die meisten Erwerbstätigen im Berufsleben. Einige ignorieren den Grundsatz jedoch, trinken im Dienst oder erscheinen alkoholisiert zur Arbeit. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen schätzt die Zahl alkoholkranker Mitarbeiter auf bis zu zehn Prozent. Oft hat die Trunksucht schwerwiegende Folgen. Schätzungsweise ein Drittel aller Arbeitsunfälle gehen auf Alkohol- und Drogenmissbrauch zurück.

Viele Arbeitgeber sprechen deshalb ein betriebliches Alkoholverbot aus. Kommt es trotz solcher Regelungen und regelmäßiger Belehrungen zu Verstößen, drohen den Sündern Sanktionen. Im schlimmsten Fall kann der Alkoholgenuss am Arbeitsplatz sogar den Job kosten. Der Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot selbst stellt bereits eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar, auch ohne dass die Alkoholisierung negative Auswirkungen auf den tatsächlichen Arbeitsablauf hatte.

Die Rechtsprechung differenziert jedoch genauer: Kann der Mitarbeiter seinen Alkoholkonsum noch kontrollieren, riskiert er im Falle des Alkoholmissbrauchs erst nach vorheriger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung. Existiert kein Verbot, kann der Arbeitgeber eine Kündigung nur aussprechen, wenn der Alkoholmissbrauch Schlecht- oder Fehlleistungen des betroffenen Mitarbeiters zur Folge hat. Zudem muss der Arbeitgeber im Streitfall nachweisen, dass der Beschäftigte seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen alkoholbedingt nicht mehr genügen konnte. Dafür können Indizien wie Alkoholfahne, schwankender Gang oder eine lallende Sprache herangezogen werden.

Hat der Mitarbeiter bereits eine Alkoholabhängigkeit mit Krankheitswert -sie besteht dann, wenn er infolge physischer und psychischer Abhängigkeit den gewohnheits- und übermäßigen Alkoholgenuss nicht mehr aufgeben kann-, scheidet eine verhaltensbedingte Kündigung aus. Die Vertragsbeziehung kann durch den Arbeitgeber dann nur gemäß der Grundsätze einer krankheitsbedingten Kündigung beendet werden. Die Hürden hierfür sind jedoch relativ hoch. Denn eine krankheitsbedingte Kündigung ist keine Bestrafung für Fehlzeiten oder Schlechtleistungen. Entscheidend ist allein, ob der Arbeitgeber auch künftig mit ähnlichen alkoholbedingten Ausfallzeiten oder auffälligen Verhaltensweisen rechnen muss. Dafür können Vorfälle in der Vergangenheit ein Hinweis sein.

Der Arbeitgeber hat zudem zugleich auch eine Fürsorgepflicht. Er muss dem Mitarbeiter daher die Möglichkeit einräumen, sein Problem behandeln zu lassen. Fällt die Prognose auch nach der Therapie nicht positiv aus, droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Eine negative Vorhersage muss auch getroffen werden, wenn dem Mitarbeiter vor Ausspruch der Kündigung zwar die Möglichkeit einer Behandlung gegeben wurde, dieser sich jedoch geweigert hat, sie durchführen zu lassen. Bestehen die Alkoholprobleme des Beschäftigten bereits seit längerer Zeit und wurde der betreffende Mitarbeiter trotz Therapie rückfällig, herrschen ebenfalls kaum Zweifel an einer negativen Prognose. Auch hier kann eine Kündigung gerechtfertigt sein -letztlich auch zum Schutz der Kollegen.

Veröffentlicht in der Berliner Zeitung
Von: Tobias Werner

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