Taschen- und Spindkontrollen, Überprüfung der Telefon- und Internetbenutzung, Videoüberwachung oder die GPS-Ortung von Dienstwagen, die Überwachungsmöglichkeiten für Arbeitgeber sind vielfältig. Immer wird dabei in das Persönlichkeitsrecht der betreffenden Arbeitnehmer eingegriffen. Grenzen setzt das Bundesdatenschutzgesetz. Es schützt jeden Einzelnen gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner sogenannten personenbezogenen Daten. Deshalb muss der Arbeitgeber stets die rechtlichen Voraussetzungen der konkreten Überwachungsmaßnahme bedenken
Persönlichkeitsrecht
Das bedeutet zunächst, dass eine Überwachung ohne konkrete Veranlassung ebenso unzulässig ist wie eine Dauerüberwachungen oder Massenkontrollen. Und generell gilt: Je intensiver in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers eingegriffen wird, desto gewichtigere Interessen müssen auf Arbeitgeberseite vorliegen. Geht es zum Beispiel um das Aufdecken von Straftaten, darf der Arbeitgeber nur dann tätig werden, wenn sich der konkrete Verdacht einer Straftat bestenfalls auf eine Person, mindestens aber auf einen abgrenzbaren Personenkreis bezieht. Jede Überwachungsmaßnahme muss letztlich auch verhältnismäßig und erforderlich sein.
Was das im Einzelnen bedeutet, zeigt ein Fall, den das Bundesarbeitsgericht am 20. 6. 2013 (Aktenzeichen 2 AZR 546/12) zu entscheiden hatte: Der Arbeitgeber verdächtigte einen Mitarbeiter des Diebstahls von Damenunterwäsche und ließ daraufhin heimlich seinen Spind kontrollieren. Der Verdacht des Arbeitgebers bestätigte sich zwar. Dennoch konnten die gefundenen Beweise für die sodann ausgesprochene Kündigung nicht herangezogen werden. Die Richter hielten nämlich die heimlich durchgeführte Kontrolle für unverhältnismäßig und argumentierten, eine im Beisein des Mitarbeiters durchgeführte Spindkontrolle wäre weniger einschneidend gewesen. Auch wäre dadurch der Ermittlungserfolg nicht gefährdet worden.
Einen ungerechtfertigten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sah das Bundesarbeitsgericht auch in dem Fall einer Arbeitnehmerin, die auf Veranlassung ihres Arbeitgebers durch einen Detektiv beschattet wurde (Urteil vom 19. 2. 2015 zum Aktenzeichen 8 AZR 1007/13). Die Arbeitnehmerin war über einen längeren Zeitraum und mit verschiedenen Diagnosen erkrankt. Der Arbeitgeber hielt die Krankschreibungen für eine Gefälligkeit des Arztes und ließ seine Mitarbeiterin deshalb durch einen Detektiv in ihrem privaten Umfeld überwachen.
Mit den dabei erstellten Fotos und auch Videoaufnahmen begründete er dann die fristlose Kündigung wegen Betrugs. Die Kündigung hatte keinen Erfolg, da der Arbeitgeber nicht beweisen konnte, dass es sich bei den Krankschreibungen um eine Gefälligkeit handelt, sie damit betrogen habe. Die Arbeitnehmerin wiederum verklagte ihren Arbeitgeber wegen der Überwachung durch den Detektiv auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Den ungerechtfertigten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sahen die Richter ebenso und sprachen der Arbeitnehmerin ein Schmerzensgeld zu. Dennoch ist Vorsicht geboten: Bei einer gerechtfertigten Arbeitgeberkündigung wegen Arbeitszeitbetrugs kann der Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter unter Umständen sogar zusätzlich die Erstattung der Detektivkosten verlangen und Überwachungen auch durch einen Detektiv sind nicht per se unzulässig.
Bei der Überwachung des E-Mailverkehrs und der Internetnutzung ist zunächst zu unterscheiden, ob eine Privatnutzung im Betrieb erlaubt ist oder nicht. Ist die Privatnutzung verboten, darf der Arbeitgeber die E-Mails seiner Mitarbeiter kontrollieren, da er davon ausgehen kann, dass es sich um Geschäftspost handelt. Gestattet der Arbeitgeber indes den privaten E-Mailverkehr, darf er die private Kommunikation auch nicht einsehen.
Wann Videoüberwachungen zulässig sind und welche rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorliegen müssen, hängt davon ab, ob die Überwachung in öffentlich zugänglichen Räumen, etwa einem Supermarkt oder einer Schalterhalle einer Bank erfolgen soll oder in nicht öffentlich zugänglichen Räumen, also dem klassischen Büro. Hier ist eine Videoüberwachung aufgrund der Intensität des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht nur denkbar, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung besteht und dem Arbeitgeber keine milderen Mittel als die der verdeckten Überwachung zur Verfügung stehen. In öffentlich zugänglichen Räumen hingegen ist eine Überwachung zulässig, wenn der Arbeitgeber damit einen zulässigen Zweck verfolgt.
Anerkannt ist das Verhindern oder Aufklären von Straftaten. Trotzdem ist auch hier der Umfang der Überwachung auf das Nötigste zu beschränken. Zudem verlangt das Bundesdatenschutzgesetz, dass etwa durch konkrete Schilder auf die Überwachung hingewiesen wird.
Geradezu lehrbuchartig hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 23.08.2018 die Voraussetzungen für eine offene Videoüberwachung am Arbeitsplatz herausgearbeitet und deutlich gemacht, dass Videoaufnahmen, die einen Mitarbeiter des Diebstahls überführen, auch dann noch von dem Arbeitgeber als Beweismittel herangezogen werden dürfen, wenn er diese erst nach monatelanger Aufbewahrung auswertet und dann zum Anlass einer Kündigung nimmt. Die Vorinstanzen sahen das noch anders und gaben der gekündigten Mitarbeiterin insoweit recht, als dass sie bzgl. der die Mitarbeiterin überführenden Videoaufnahmen von einem sog. Verwertungsverbot ausgingen. Der Vorwurf an den Arbeitgeber: Die Bildsequenzen hätten eher ausgewertet und im Anschluss gelöscht werden müssen. Damit durften sie als Beweis nicht berücksichtigt werden. Demgegenüber hat nun das Bundearbeitsgericht entschieden, dass auch eine monatelange Aufbewahrung und spätere Auswertung von Aufzeichnungen aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung verhältnismäßig sein kann (Urteil vom 23.08.2018 – 2 AZR 133/18). Die Richter wiesen ferner darauf hin, dass bei einer rechtmäßig erfolgten Videoüberwachung auch die Vorschriften der seit dem 25.05 2018 geltenden Datenschutz-Grundverordnung einer gerichtlichen Verwertung der erhobenen personenbezogenen Daten nicht entgegenstünden.
Gänzlich tabu ist jede Videoüberwachung, sobald der absolut geschützte Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betroffen ist. Unter keinen Voraussetzungen zulässig ist daher die Videoüberwachung in Umkleidekabinen oder Sanitäranlagen.
Veröffentlicht in der Berliner Zeitung
Von: Tobias Werner
JUL
2016
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