Kein Anspruch auf Dank und gute Wünsche des Chefs
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer ein schriftliches Zeugnis verlangen, das sich auf Leistung und Verhalten zu beziehen hat. Ein gutes Arbeitszeugnis ist für die zukünftige Jobsuche von unschätzbarem Wert. Bei vielen Arbeitnehmern herrscht Verunsicherung, ob das vom Arbeitgeber ausgestellte Zeugnis am Ende tatsächlich positiv zu bewerten ist.
Arbeitszeugnisse dürfen jedenfalls keine Formulierungen enthalten, die das berufliche Fortkommen des Beurteilten unnötig erschweren. Ganz überwiegend enthalten Arbeitszeugnisse heute auch eine Abschiedsformulierung. Hierin dankt der Chef dem Mitarbeiter für geleistete Dienste und drückt er sein Bedauern über das Ausscheiden aus. Das Zeugnis schließt dann in der Regel auch mit guten Wünschen für die persönliche und berufliche Zukunft. Fehlen Dank oder gute Wünsche, kann dies schnell zu Irritationen beim Zeugnisleser führen. Selbst wenn die Leistungen mit „gut“ oder gar „sehr gut“ bewertet sind, kann so schnell der Verdacht aufkommen, dass das Arbeitsverhältnis wohl doch nicht ganz störungsfrei verlaufen ist. Um solch einen Makel zu verhindern, kommt es nicht selten zum Streit um die freundlichen Abschiedsworte.
Finden die Parteien dann keine einvernehmliche Lösung, wird der Weg zum Arbeitsgericht oft als letzter Ausweg gesehen. Eine gerichtliche Durchsetzung der sog. Dankes- und Bedauernsformel dürfte hingegen nach dem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2012 zukünftig schwierig werden. Denn die Richter haben deutlich gemacht, dass derartige Formulierungen kein zwingender Inhalt eines Zeugnisses sind. Die Formulierung und Gestaltung des Zeugnisses sei allein Sache des Arbeitgebers. Chefs müssen demnach Zeugnisse nicht mit privaten Floskeln wie „Danke und alles Gute für die Zukunft“ abschließen. Schon in einer früheren Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zu diesem Thema die Ansicht vertreten, ein Arbeitgeber müsse sich nicht zu einem Akt der Höflichkeit verbiegen, den er vielleicht subjektiv ablehne.
Jene Rechtsprechung führt das höchste deutsche Arbeitsgericht mit der aktuellen Entscheidung zum Verdruss einiger Untergerichte jetzt konsequent fort. So hat u.a. das LAG Düsseldorf schon 2010 in einem Urteil offen Stellung gegen das Bundesarbeitsgericht bezogen und sich auf die Seite des Arbeitnehmers geschlagen. Danach könne von einem Arbeitgeber durchaus verlangt werden, das Zeugnis mit Dank und guten Wünschen ausklingen zu lassen. Ähnlich hat auch das Arbeitsgericht Berlin in einem Urteil vom 07.03.2003 entschieden: Das Fehlen einer Dankes- und Zukunftsformel kann einen ansonsten positiven Gesamteindruck entwerten und damit das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers gefährden. Und jüngst hat das Arbeitsgericht München zugunsten eines klagenden Arbeitnehmers ihm eine vollständige Schlussformel mit Dank und Bedauern zuerkannt. Den im konkreten Zeugnis verwandten Schlusssatz „Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“ befand das Gericht letztes Jahr im Hinblick auf die gute bis sehr gute Gesamtbeurteilung als unzureichend und verurteilte den Arbeitgeber zu der vollständigen Schlussformulierung: „Wir bedauern sein Ausscheiden, bedanken uns für die erbrachte Arbeit und wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“
Ob die Untergerichte zukünftig immer noch so entscheiden oder sich der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts anschließen werden, bleibt abzuwarten. Bis dahin kann den Arbeitsvertragsparteien bei der Zeugnisformulierung nur geraten werden, Streitigkeiten schon im Vorfeld auszuschließen.
Tobias Werner ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei www.weigelt-ziegler.de im Prenzlauer Berg.
Von: Tobias Werner
MRZ
2013
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